In Europa gibt es zehntausende Museen, aber nur eines pro Jahr erhält den Titel „Europäisches Museum des Jahres“. Eine solche Auszeichnung kommt also, ähnlich wie die Verleihung des UNESCO-Weltkulturerbetitels, einem kulturellen Ritterschlag gleich.

Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven: Migranten-Schicksale, hautnah erlebbar

Deutsches Auswandererhaus Deutsches Auswandererhaus ©Werner Huthmacher

Der Mut, sich als erstes Museum in Deutschland umfassend dem Thema Migration zu widmen, wurde nicht nur mit einem von Anfang an hohen Publikumsinteresse belohnt, sondern auch mit der Auszeichnung als „Europäisches Museum des Jahres 2007“. Die Jury lobte insbesondere die „emotionale Vermittlung von Geschichte über Inszenierungen“. Und in der Tat: In diesem Museum verfolgen Besucher mit allen Sinnen den Lebenslauf eines „echten“ Auswanderers. Dessen Reise startet am Hafen, wo die Möwen kreischen, und geht weiter auf ein Schiff und zu den Kojen, in denen die Mitreisenden schnarchen. Überhaupt hören die Besucher an vielen Stationen, was „ihr“ Auswanderer – Bremerhaven war im 19. Jahrhundert über mehrere Dekaden der größte Auswandererhafen Kontinentaleuropas – erlebt hat. Seit der Eröffnung des Museumsanbaus 2021 gibt es noch mehr zu entdecken, schließlich wurden sechs neue Ausstellungsräume mit mehr als 400 Objekten sowie über 200 zusätzliche Hörtexte und Videointerviews integriert. Einzigartig in der deutschen Museumslandschaft sind auch neue digitale Denkräume, die während des Ausstellungsrundganges intuitiv genutzt werden können, um „Grundsätzliches in Frage zu stellen“. Kurzum: Seicht geht anders.


Ozeaneum Stralsund: Pinguine im Wasser, Wale an der Decke

Ostseeküstenweg: OZEANEUM Stralsund Ostseeküstenweg: OZEANEUM Stralsund ©German Roamers (Hannes Becker)

Die Stiftung Deutsches Meeresmuseum betreibt in und um Stralsund gleich vier Museen: das Deutsche Meeresmuseum, das bis 2024 komplett modernisiert wird, das Nautineum, das Natureum sowie das zum „Europäischen Museum des Jahres 2010“ gekürte Ozeaneum. Das am Hafen befindliche Naturkundemuseum aus weißem Schiffsstahl begeistert aber nicht nur die Fachwelt, sondern auch millionfache Besucher. Die schätzen neben der „Hardware“, also den 50, teils riesigen Aquarien sowie der stattlichen Pinguinanlage, vor allem die „Software“. Stichwort moderne Museumsdidaktik, bei der auch mal ein Mitarbeiter ins Becken abtaucht, um dem Publikum vor der Scheibe etwas zu demonstrieren. Stark auch die im Zentrum der Ostsee-Ausstellung befindliche Rauminstallation zum Thema Plankton. Höhepunkt im wahrsten Sinn stellt die von Greenpeace entwickelte Dauerausstellung „1:1 Riesen der Meere“ dar. Im Originalmaßstab hängen u. a. ein 26 Meter langer Blauwal sowie ein Pottwal im Kampf mit einem Riesenkalmar von der Decke. Dazu erklingen ihre Gesänge und Laute, denen man in Liegestühlen ehrfürchtig lauscht. In der Abteilung „Meer für Kinder“ geht es um kleinere Tiere. Dafür dürfen die Youngster Einsiedlerkrebse, Muscheln und Seesterne anfassen – und Hai-Eier.


Völklinger Hütte: Volle Hütte in der Industrieruine

Völklingen: Völklinger Hütte, UNESCO Welterbe Völklingen: Völklinger Hütte, UNESCO Welterbe ©Lookphotos (Günther Bayerl)

Die Völklinger Hütte ist weltweit das einzige vollständig erhaltene Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung. Da ist der Titel UNESCO-Weltkulturerbe ja fast schon zwingend. Doch von wegen „nur anschauen und gut ist“. Wo bis 1986 Schornsteine qualmten und ohrenbetäubender Lärm den Arbeitsalltag bestimmte, finden heutzutage Konzerte, Festivals, geführte Touren und hochkarätige Wechselausstellungen statt. Auf dem Gelände ist also auch heutzutage noch mächtig was los. Das gilt insbesondere für die Erlebniswelt „Ferrodrom“, das die Themen Eisen und Stahl dank Originalkulisse authentisch in Szene setzt. Feuertornado, Magnetspiele, Nebelwand und rund 100 weitere Experimentierstationen befinden sich in der ehemaligen Möllerhalle, in den Hüttenlabors und im Ferrodrom-Außenbereich. Wer dann beim Rundgang über Dutzende von Treppen und Gängen, entlang an Kokerei und Hochöfen den Überblick verliert, wie denn nun das Roheisen eigentlich gewonnen wurde, kann das Ganze in der vereinfachten Ferrodrom-Miniaturausgabe mit Bohnen (statt Eisenerzen) und mit entsprechenden Kurbeln, Gebläsen und Rampen nachspielen. So versteht das Prinzip der Verhüttung wirklich jeder.


Technoseum Mannheim: So wird Industrialisierung (be)greifbar

Mannheim: Technomuseum Mannheim: Technomuseum ©DZT (Zooey Braun Fotografie)

Technoseum“, das klingt nach Techno und Elektromusik. Angesichts des Standorts Mannheim, von der UNESCO zur „City of Music“ geadelt, wäre das durchaus vorstellbar. Nun geht es in dem 1992 zum „Europäischen Museum des Jahres“ gekürten und ganz in schickem Weiß gehaltenen Gebäude zwar nicht um schnelle Beats, es ist aber dennoch jede Menge Musik drin! Schließlich ermöglicht das ehemalige „Landesmuseum für Technik und Arbeit“, das 2010 nicht nur eine Namensänderung, sondern ein Facelift samt Flächenerweiterung erfuhr, eine Zeitreise durch die Geschichte der Industrialisierung. Inszenierte Wohn- und Arbeitssituationen veranschaulichen, wie sich technische Neuerungen auf das Leben seit dem 18. Jahrhundert ausgewirkt haben. An mehr als 100 interaktiven Experimentierstationen ist Anfassen ausdrücklich erwünscht! Plus: In den vergangenen Jahren gesellten sich zu den Kernbereichen „Elementa 1 bis 3“ weitere Räume über den Automobilbau und die Mediengeschichte. Seit 2020 gibt es zudem eine Ausstellung zum brandaktuellen Thema Energie.