Faust, Werther, Götz von Berlichingen: Johann Wolfgang von Goethes Werke gehören zu den wichtigsten der Weltliteratur, kaum ein anderer Dichter genießt im In- wie im Ausland ein derart hohes Ansehen. Kein Wunder, dass seine Wirkungsstätten auch Pilgerstätten sind.

Frankfurt am Main: Wo alles begann

Eine der wichtigsten Dichtergedenkorte Deutschlands ist, wen wundert’s, Goethes Geburtshaus. Das befindet sich mitten in Frankfurt, am Großen Hirschgraben 23. Wobei es sich genau genommen um eine Rekonstruktion handelt, das ursprüngliche Haus brannte ab. Immerhin finden sich im „Dichterzimmer“ gerettete Originale, etwa Schreibtisch und Arbeitspult. Mehr Reliquien aus dem 18. Jahrhundert – zahlreiche Handschriften und Gemälde – beherbergt das Goethe-Museum nebenan. Wer wissen will, wo sich der junge Mann gern rumtrieb, nimmt die S-Bahn nach Höchst. Klar haben sich auch im Frankfurter Westen die Zeiten geändert, aber angesichts der alten Gasthäuser rund um den Schlossplatz, der Befestigungsanlage am Main-Ufer und der Justinuskirche kann man gut auf Zeitreise gehen. Quirliger ist es im Herzen Frankfurts, sei es im Kneipenviertel Sachsenhausen, am Museumsufer oder rund um den Römer. Zwischen Alter Oper und Main Tower, einem der höchsten Gebäude der an hohen Gebäuden überreichen Finanz- und Messemetropole, liegt übrigens die Goethestraße. Hierhin pilgern allerdings weniger Fans des Dichters als Fans des Luxus-Shoppings …

Frankfurt am Main: Fachwerkhäuser am Römerberg Frankfurt am Main: Fachwerkhäuser am Römerberg ©DZT (Marcel Waldmann)


Leipzig: Inspirationen für den Faust

„Mein Leipzig lob’ ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute.“ So steht es im „Faust“. Warum diese Ehre? In Leipzig studierte Goethe (widerwillig) Jura und sammelte, unter anderem bei seinen Besuchen in „Auerbachs Keller“ – einem seit 1525 bis heute in der berühmten Mädler-Passage befindlichen Restaurant –, Stoff für sein wichtigstes Werk überhaupt. Die Stadt revanchierte sich und setzte dem Dichter ebenfalls ein Denkmal. Die auf einem hohen Sockel stehende Bronzestatue befindet sich auf dem Naschmarkt vor der Alten Handelsbörse, beinahe genau zwischen den beiden bekanntesten Kirchen der Stadt: der Thomaskirche, Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach und dem Thomanerchor, sowie der Nikolaikirche, dem zentralen Ausgangspunkt der friedlichen Revolution in der DDR. Selbst wenn Goethe nur drei Jahre lang in der sächsischen Stadt lebte, waren es doch wichtige. Auch weil sein Erstlingsroman auf der Leipziger Buchmesse, nach wie vor eine der wichtigsten Literaturmessen der Welt, veröffentlicht wurde.

Leipzig: Restaurant Auerbachs Keller Leipzig: Restaurant Auerbachs Keller ©DZT (Christof Herdt)


Wetzlar: Werthers echte Schauplätze

„Die Leiden des jungen Werther“ machten nicht nur Goethe bekannt, sondern auch Wetzlar. Der Grund: Als Kulisse im heutigen Literaturklassiker dienten, Goethes monatelangem Aufenthalt als Advokat in der hessischen Stadt sei Dank, reale Schauplätze und reale Personen, allen voran Lotte Buff. Das Lotte-Haus am Deutschordenshof in der Lotte-Straße erinnert noch heute an die glücklose Romanze. Im Jerusalemhaus, einer weiteren Gedenkstätte, ist die Goethe-Werther-Sammlung untergebracht. Ein Gefühl, wie es zu Goethes Zeiten in Wetzlar ausgesehen haben könnte, vermittelt die Altstadt, die sich mit ihren Gassen und kleinen Plätzen terrassenförmig zur Lahn hinabzieht. Das nahezu geschlossene Ensemble eindrucksvoller Fachwerkhäuser und Steinbauten sah 1772 ähnlich aus. Noch ein Tipp für alle Lauffreudigen: Beim Wetzlarer Goetheweg kennzeichnen Zitatsteine die Stellen, die den Schilderungen im „Werther“ zugrunde liegen. Zum Finale warten in Garbenheim ein weiteres dem Dichter gewidmetes Museum sowie ein lebensgroßes Denkmal auf dem – na klar – Goetheplatz.

Wetzlar: Alte Lahnbrücke mit Dom Wetzlar: Alte Lahnbrücke mit Dom ©Tourist Information Wetzlar (Peter-Jörg Albrecht)


Weimar: Der Klassiker schlechthin

Bedeutungsvoll blicken die Statuen von Goethe und Friedrich Schiller auf diejenigen, die über den Platz vor dem Deutschen Nationaltheater schlendern. Die beiden begründen, unterstützt durch den UNESCO Welterbetitel, den Ruf Weimars als die Klassikerstadt überhaupt. Vor allem Goethe, der hier den Großteil seines Lebens verbrachte und auf dem historischen Friedhof seine letzte Ruhestätte fand, ist omnipräsent. Drei Orte stechen aber hervor: sein Wohnhaus, das Goethe-Nationalmuseum und die Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, die 38 Jahre unter seiner Aufsicht stand. Ein Wunder, wie viel nach dem Brand 2004 restauriert werden konnte – Rokoko reloaded. Weimar kann indessen auch modern: Die Stilrichtung Bauhaus, die 2019 ihr 100-jähriges Jubiläum feierte, wurde hier von Walter Gropius mit seiner Kunstschule begründet. Nicht weniger berühmt sind die Klassiker der Thüringer Küche: Blechkuchen, Klöße und Bratwürste. Kalorien verbrennen auf angenehme Art, das geht bei einem Spaziergang im „Park an der Ilm“, an dessen Gestaltung Goethe maßgeblich beteiligt war. Highlights sind das Römische Haus sowie Goethes Gartenhaus.

Weimar: Deutsches Nationaltheater mit Goethe-Schiller-Denkmal Weimar: Deutsches Nationaltheater mit Goethe-Schiller-Denkmal ©DZT (Felix Meyer)