Die Nachrichten zur Entwicklung der Corona-Pandemie
Die Nachrichten zur Entwicklung der Corona-Pandemie verändern sich derzeit rasant. Ein wichtiges Signal der Bundesregierung in dieser Situation: Die Unterstützung der touristischen Unternehmen mit Überbrückungshilfen soll verlängert werden, außerdem gibt es branchenspezifische Hilfen.
Viele Branchenunternehmen sind auf diese Maßnahmen dringend angewiesen, denn die Recovery-Szenarien, von denen wir bisher ausgehen konnten, sind durch die aktuellen Entwicklungen bereits überholt worden.
Die Analysen der derzeitigen Situation sind ernüchternd, aber letztlich Ausgangspunkt aller strategischen und operativen Ansätze für Wege aus der Krise.
Unser Anliegen ist auch weiterhin, das starke Image des Reiselandes Deutschland international im Bewusstsein unserer Kunden wachzuhalten und unseren Partnern im Deutschlandtourismus mit fundiertem Knowhow, gegenwartsnahen Marktanalysen und wirksamen Marketingaktivitäten den Weg zum Neustart zu ebnen.
Das ausgezeichnete Image Deutschlands hat der Anholt Ipsos Nation Brands Index gerade wieder mit einem ersten Platz für unser Land bestätigt. Die Umfrage in 20 Ländern fand übrigens vom 7. Juli bis 31. August statt – also mitten in der Pandemie.
Zuletzt habe ich an dieser Stelle mit Ihnen eine breite Analyse der Entwicklung in den vergangenen Wochen unternommen.
Im Mittelpunkt der heutigen Ausgabe stehen einige wichtige Überseemärkte für den deutschen Incoming-Tourismus, die ich mit Ihnen detaillierter betrachten möchte.
Warum ausgerechnet jetzt über die Überseemärkte sprechen? Liegt der Fokus der DZT-Aktivitäten nicht auf europäischen Märkten, weil die Erholungsaussichten für das Incoming insbesondere aus unseren Anrainerstaaten deutlich günstiger sind?
Richtig ist, dass Europa in den vergangenen Jahren mit 72 Prozent Marktanteil den Hauptquellmarkt für das deutsche Incoming gebildet hat. Sowohl die Übernachtungszahlen als auch die touristischen Umsätze europäischer Gäste waren damit das Fundament für die starke Position Deutschlands im Wettbewerb der Destinationen.
Allerdings haben sich - gerade zu Beginn der letzten Dekade – vielfach starke Potenziale in Überseemärkten entwickelt. Vor allem in Asien und Südamerika hat das Reiseland Deutschland hohe Zuwachsraten generiert und Neukunden gewinnen können.
Mit Blick auf die sich in den letzten zwei bis drei Jahren abzeichnende Verlagerung des Weltwirtschaftswachstums aber auch der geostrategisch und geopolitisch veränderten Weltordnung stellt sich vielen Marktteilnehmern die Frage, wie wir an der vergangenen Wachstumsdynamik aus potenzialstarken Überseemärkten mittelfristig wieder anschließen können.
Dafür müssen wir heute die Märkte genau erforschen, um langfristig tragfähige Vermarktungsstrategien zu entwickeln und mit diesem Know-how unsere Partner im Deutschlandtourismus zu unterstützen.
USA – great again after Covid?
Die USA – vor der Pandemie mit rund sieben Millionen Übernachtungen und einem Marktanteil von 7,8% an allen internationalen Übernachtungen in Deutschland der mit Abstand wichtigste Überseemarkt für unser Incoming - erholen sich nach der jüngsten Analyse von Tourism Economics (TE) sehr langsam. Die Zahl der Übernachtungen wird in diesem Jahr mehr als 60% unter Vorjahresniveau liegen. Im kommenden Jahr könnte das Minus auf knapp über 50% abschmelzen. Für 2022 liegt das Volumen 32,6% und 2023 immer noch 22,4% unter den Vorkrisenwerten.
Wechseln wir von der pessimistischen in die optimistische Perspektive: Der derzeit brachliegende US-Markt bietet 2021 Potenzial für 3,5 Millionen, 2022 für rund 4,7 und 2023 für 5,4 Millionen Übernachtungen.
Dieses Potenzial haben unsere Mitbewerber ebenfalls erkannt. Deshalb müssen wir jetzt antizyklisch in der Krise aktiv bleiben.
So haben wir zwischen Ende Juli und Mitte September in Zusammenarbeit mit Conde Nast eine Kulinarik-Kampagne ausgerollt, die mehr als 600.000 Impressions erzielte.
Eine weitere Kampagne zum Thema ‚Dreams Become Reality‘ richtet sich an die Zielgruppe der gutverdienenden Babyboomer. In Kooperation mit der Online-Plattform der AARP (American Association of Retired Persons), die jeden Monat mehr als 12 Millionen Menschen erreicht, können wir innerhalb weniger Wochen 5,7 Millionen Impressions generieren. Die Kampagne startet Mitte November.
Kürzlich haben wir unser alljährliches US Advisory Board Meeting – diesmal als virtuelles Event – veranstaltet. Rund 140 Partner aus deutschen Reiseunternehmen, Destinationsmarketingorganisationen und weiteren touristischen Leistungsträgern nutzten die Möglichkeit, sich bei Top-Managern von Reiseveranstaltern, Consortias, Lufthansa worldwide, Rail Europe, der Reiseplattform TripAdvisor sowie des amerikanischen Reiseverbandes USTOA ganz direkt über die aktuelle Entwicklung der Nachfrage aus amerikanischer Sicht zu informieren.
Terry Dale, Präsident der amerikanischen Tour Operator Association USTOA, berichtete, dass bei 57 % der ihnen angeschlossenen Unternehmen Kunden ihre für 2020 gebuchten Reisen in das kommende Jahr 2021 verlegt hätten. Vor allem für das vierte Quartal 2021 sehen die US-Veranstalter eine deutlich wachsende Nachfrage.
Das Webinar des Advisory Board Meetings finden Sie hier.
Diese positive Grundstimmung wird unterstützt von neuen Erkenntnissen aus Exklusivumfragen im Markt, die wir in Auftrag gegeben haben.
Eine deutlich positive Entwicklung verzeichnet IPK International bei der Frage nach den Auslandsreiseabsichten. Hatten in der ersten Befragungswelle Ende Mai noch 41% der Amerikaner die Absicht, in den nächsten 12 Monaten ins Ausland zu verreisen, stieg dieser Wert Ende September auf 48%. 22% hätten die Absicht, im kommenden Jahr nach Deutschland zu reisen.
Die größten Matching Points bei den generellen Reiseinteressen der Amerikaner und ihren Assoziationen mit dem, was Deutschland zu bieten hat, liegen beim Besuch von Festivals/Events, wie dem Oktoberfest oder den Passionsspielen Oberammergau, Reisen auf den Spuren ihrer Vorfahren, Kulinarik (Essen, Wein, Brauereien) sowie historischen Stätten.
Während US-Amerikaner auf Europareisen oft Rundtouren durch mehrere Länder unternehmen, sagen derzeit 60%, dass sie sich derzeit auf den Besuch eines Landes konzentrieren würden. Das sind Chancen und Herausforderungen für das Reiseland Deutschland im Wettbewerb der europäischen Destinationen.
Asien – große Märkte weiterhin mit viel Potenzial
Schon frühere Krisensituationen haben gezeigt, dass asiatische Länder insgesamt deutlich sensibler auf Krisen reagieren als andere Quellregionen des weltweiten Tourismus. Entsprechend hatte Corona in der ersten Umfragewelle von IPK International im Mai 2020 die Reiseabsichten in Asien am stärksten beeinflusst. Nur noch 29% wollten in den nächsten 12 Monaten eine Auslandsreise unternehmen. Im Oktober waren es mit 38% rund ein Drittel mehr. Wir sehen: Der unmittelbare Einfluss des Virus auf die Reiseabsichten nimmt ab, die Skepsis ist aber immer noch deutlich stärker ausgeprägt als bei Amerikanern und Europäern.
China – das Reich der Mitte reist voran
Am Beispiel China wird die Vielschichtigkeit und Komplexität der marktspezifischen Recovery-Prozesse besonders deutlich. Dort, wo die ersten Corona-Fälle vor nunmehr zehn Monaten auftraten, ist das Thema unterdessen weitgehend aus der öffentlichen Debatte verschwunden. Die Wirtschaft wächst dynamisch, das steigert Kaufkraft, Konsumlust und Reisefreude.
Während in vielen europäischen Ländern die Infektionszahlen rasant steigen, gingen im Oktober in China während der ‚Goldenen Woche‘ rund um den Nationalfeiertag Hunderte Millionen Menschen innerhalb des Landes auf Reisen. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Möglichkeiten (zum Beispiel der Flugverbindungen), wann auch der Auslandstourismus wieder wächst.
Deshalb haben wir nach der ersten Erhebung im Mai eine zweite Befragungswelle zu den Reiseabsichten der Chinesen bei IPK International in Auftrag gegeben. Die jüngste Erhebung aus dem Oktober macht deutlich: Die Reiselust steigt. Hatten im Mai nur 32% die Absicht, Auslandsreisen zu unternehmen, waren es im Herbst bereits 44%. In der ersten Befragungswelle erklärten 16% die Absicht, in den kommenden 12 Monaten gern nach Deutschland reisen zu wollen, in der zweiten Welle waren es schon 25%. Schöne Landschaften, Sehenswürdigkeiten und historische Stätten, malerische kleine Städte und Metropolen sowie bemerkenswerte architektonische Werke, Shopping im qualifizierten Einzelhandel sowie Museen und Ausstellungen verbinden Chinesen besonders mit Deutschland.
Das spiegelt auch die Prognose von Tourism Economics wider, nach der China 2023 wieder mehr als drei Millionen Übernachtungen zum deutschen Incoming beisteuern könnte – das wären 6,1% mehr als im Vorkrisenjahr 2019.
Fernreisen der Chinesen stehen allerdings noch die drastisch reduzierten Flugkapazitäten entgegen. Der Recovery-Prozess wird ganz wesentlich von einer ausbalancierten Entwicklung von Angebot und Nachfrage bestimmt.
Zur Stärkung der Nachfrage veranstalten wir jetzt im November eine Roadshow mit Stationen in Beijing, Shanghai, Chengdu und Guangzhou mit jeweils 50-70 chinesischen Teilnehmern. Das sind Workshops mit strengen Sicherheits- und Hygienevorkehrungen, aber ganz analog und ganz persönlich. Darin sehe ich ein ganz wichtiges Signal. Wenn wir wollen, dass chinesische Touristen demnächst wieder ins Flugzeug steigen, um zu uns zu reisen, müssen wir auch jetzt bereit sein, vor Ort „Flagge zu zeigen“. Die DZT vertritt mit ihrem Team auch in dieser Zeit das Reiseland Deutschland im Markt.
Digitale Akzente setzten wir in China mit verschiedenen Live-Streaming-Formaten, vom virtuellen Stadtrundgang bis zu Online-Kochkursen. Mit dem Live-Content wurden verschiedene marktspezfische Plattformen bespielt, beispielsweise Mafengwo, Sina Weibo oder Dianping Meituan. 2021 werden diese Kampagnen fortgesetzt.
Japan – Reiselust erwacht langsam
Der japanische Markt, der in den vergangenen zehn Jahren mit durchschnittlich plus 2,6% verhalten gewachsen ist, bietet nach Ansicht der Analysten Potenzial für eine signifikante Erholung in den kommenden drei Jahren. Laut Tourism Economics könnten 2023 wieder 1,25 Millionen Übernachtungen aus Japan kommen, 4,0% mehr als 2019.
Entsprechend nutzen unsere Kollegen in Tokio alle Kanäle, um das Reiseland Deutschland zu promoten. Beispielsweise nahmen gerade 61 Medienvertreter an der virtuellen Jahrespressekonferenz teil, im November präsentieren wir gemeinsam mit GTAI und Außenhandelskammer auf dem Japan Germany Industry Forum, Anfang Dezember ist Deutschland die Fokusdestination bei den B2B-Webinaren des japanischen Reiseverbandes JATA. Ebenfalls im Dezember soll erstmals wieder ein reales Trade-Event mit maximal 35 wichtigen Veranstalter-Kunden und Medienvertretern stattfinden, und eine crossmediale Empathie-Kampagne zum Thema ‚Weihnachten‘ startet in den kommenden Wochen.
Qualitätstourismus gehört untrennbar zur DNA des Reiselandes Deutschland. Hochwertige Angebote, Kundenorientierung, Individualität und Serviceorientierung sind die Prädikate, mit denen wir gerade heute im internationalen Wettbewerb punkten können. Deshalb haben wir uns entschlossen, noch an der virtuellen ILTM (International Luxury Travel Mart) World Tour teilzunehmen. Wir nutzen zwei Module dieser hochkarätigen Plattform konkret, um in One-on-one-Meetings unser Angebot für den US-amerikanischen Markt sowie für China/Hongkong zu promoten.
Wir sehen: Die Covid-Pandemie wird unsere Arbeit noch eine lange Zeit prägen. Wir sehen aber auch: Das Reiseland Deutschland hat gute Chancen, aus der Krise gestärkt hervorzugehen, wenn wir jetzt nicht nachlassen, unsere starke Marke gezielt in den Märkten zu platzieren.
Bleiben Sie gesund.
Herzlich
Ihre Petra Hedorfer